Historische Kunst von internationaler Bedeutung
- 22. Aug.
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Aktualisiert: 13. Okt.
Über Jahrhunderte sammelten die Fürsten Esterházy Kunstwerke, Erinnerungsstücke, aber auch Militaria und Naturalien. Diese bilden heute den Kern der Sammlungen der Privatstiftung Esterhazy, die die Forschung daran sowie an den historischen Gebäuden vorantreibt und internationale Vernetzung pflegt.

Der Begriff Sammlungen ruft rasch die Assoziation mit Schränken vollgefüllt mit Dingen hervor, die dem jeweiligen Sammler lieb und teuer waren, mit manch einer Kuriosität darunter oder Stücken, die mit einer ganz besonderen Geschichte verknüpft sind. Genau diese Erwartungen erfüllt die Kunstkammer der Fürsten Esterházy auf Burg Forchtenstein, wo seit dem 17. Jahrhundert Kostbarkeiten in den originalen Schränken aufbewahrt und präsentiert werden. Der Unternehmensbereich Sammlungen der Privatstiftung Esterhazy umfasst jedoch weit mehr als die historischen Schätze: In seinen Zuständigkeitsbereich fallen die historischen Waffen- und Ausrüstungsgegenstände, die Hoftafel- und Silberbestände, Gegenstände aus der Alltagskultur der Hofhaltung, historische Möbelstücke, zahlreiche Gemälde, die historische Bibliothek, das historische Musikalienarchiv sowie die umfangreichen Archivbestände auf Burg Forchtenstein. Wichtige Aufgabe ist einerseits die Erhaltung dieser Objekte und andererseits die Forschung und stets neue Einordnung nach aktuellem Stand der Wissenschaft. In diesem Zusammenhang hat der internationale Austausch sowohl auf wissenschaftlicher Ebene als auch durch Leihgaben hohen Stellenwert – denn die Geschichte der Familie Esterházy und damit zugleich jene der vielen Gegenstände, die ihre Mitglieder über Jahrhunderte sammelten, führt über die Grenzen des historischen Österreich-Ungarn hinaus in andere europäische Länder und Adelshäuser.
Die Sammlungen als europäisches Erbe
Lange Zeit waren die Sammlungen von einem mystischen Ruf umgeben. Erst in den 1990er- Jahren – und damit in zeitlicher Nähe zur Gründung der Stiftungen – erfolgte mit zwei Landesausstellungen im Burgenland die Öffnung für ein breites Publikum. „Bollwerk Forchtenstein“ (1993 in Forchtenstein) und „Die Fürsten Esterházy. Magnaten, Diplomaten und Mäzene“ (1995 in Eisenstadt) präsentierten erstmals ausgewählte Objekte und waren zugleich Ausdruck des neuen Geists, der durch Europa wehte. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Österreich und Ungarn arbeiteten Seite an Seite und ermöglichten damit eine Zusammenschau jener Objekte, die nach dem Ende der Donaumonarchie durch das Verbringen einiger Hundert Stücke nach Budapest getrennt worden waren. Die beiden Ausstellungskataloge, die damals entstanden, bildeten den Ausgangspunkt für weiterführende Forschungen. In Österreich hatte dies vor allem Fürstin Melinda ermöglicht, die nach dem Tod ihres Mannes Fürst Paul V. Esterházy die weitsichtige Entscheidung getroffen hatte, das Erbe in Stiftungen einzubringen. Damit konnte dessen Unveräußerlichkeit und zugleich Unteilbarkeit gewahrt werden.

Historische Sammlungen zeitgemäß betrachtet
Die Gründung der Stiftungen setzte in Österreich die Erforschung und Sichtbarmachung neuer Inhalte aus der Geschichte der Fürsten und der Region in Gang. Weitere Impulse erhielten diese durch die Öffnung der Schatzkammer 2005 auf Initiative von Fürstin Melinda Esterházy und durch den Aufbau einer zeitgemäßen Ausstellungspraxis, die sich stets weiterentwickelt und zugleich neue Möglichkeiten erschließt. Eine davon bildet die internationale Vernetzung, die mittlerweile auf vielen Ebenen stattfindet: Esterhazy ist weltweit agierender Leihgeber unterschiedlichster historischer Exponate, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sammlungen sind zugleich in der Branche gefragte Fachleute. Dies hat zur Folge, dass Forschung, Ausstellungsgestaltung und Austausch mit und über Sammlungsobjekte längst nicht mehr nur bilateral in Österreich und Ungarn, sondern weltweit stattfinden. So konnte im Berichtszeitraum nach einem pandemiebedingten Rückgang der Leihverkehr wieder aufgenommen werden. Zwischen 2022 und 2024 waren Objekte der Sammlungen in 15 Ausstellungen weltweit zu sehen. So wurden 2024 unter anderem historische Waffen und Ausrüstungsgegenstände bei der Exposition „Bellum et Artes. Europa im Dreißigjährigen Krieg“ in Brüssel ausgestellt, die Staatliche Kunstsammlung Dresden zeigte ein ausgewähltes Stück in der Schau „Bewundert, gesammelt, ausgestellt. Behinderung in der Kunst des Barocks und der Gegenwart“. 2023 bereicherten Objekte aus den Sammlungen zwei Ausstellungen in Budapest, 2022 waren die Sammlungen unter anderem Leihgeber für eine Canova-Ausstellung in Bassano del Grappa (Italien). 2024 beleuchtete „Holy Horses – Heavenly Riders“ in Ljubljana (Slowenien) die symbolische Rolle von Pferden und ihnen ähnlichen Fabeltieren.

Rechtsstreit um Sammlungsgegenstände in Ungarn
Seit 2016 führt die Esterhazy Privatstiftung in Ungarn zwei Verfahren betreffend Sammlungsgegenständen, die 1919 von Mitgliedern des Direktoriums der ungarischen Räteregierung unrechtmäßig aus der Schatzkammer der Burg Forchtenstein entnommen und nach Budapest verbracht wurden. Nach Erlass einer Restitutionsverordnung durch die ungarische Regierung im Jahr 2013 meldete die Esterhazy Privatstiftung Besitzansprüche an den 1919 verbrachten Objekten an. Da außergerichtliche Gespräche scheiterten, reichte sie 2016 Klage in Ungarn ein. Der Rechtsweg wird in Ungarn sowohl durch einen Zivilprozess zur Klärung der Eigentumsverhältnisse (vor dem ordentlichen Gericht) als auch durch ein parallel geführtes Verwaltungsverfahren (vor der Kulturgüterbehörde) beschritten. Ziel beider Verfahren ist die Feststellung des Eigentumsrechts der Stiftung und das Zugeständnis des Verfügungsrechts über die betreffenden Kunstgegenstände. Allerdings wurden die Verfahren durch widersprüchliche Entscheidungen verschiedener Instanzen verzögert. Im November 2024 wandte sich die Stiftung daher an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Sie argumentiert, dass die ungarischen Gerichte ihr Recht auf ein faires Verfahren (Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention) und ihr Eigentumsrecht Artikel 1 des Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention) verletzt hätten. Das parallel geführte Verwaltungsverfahren ist noch anhängig. Da die zuständige Kulturbehörde den Antrag der Esterhazy Privatstiftung bereits dreimal abgelehnt hat, wurde der dritte ablehnende Bescheid im Januar 2025 vor dem Stadtgericht angefochten. Erklärtes Ziel der Esterhazy Privatstiftung war und ist die Anerkennung ihres Eigentumsrechts an den betroffenen Gegenständen. Die Stiftung betont, dass die Sammlung, sollte sie ihr zugesprochen werden, in Ungarn verbleiben und dort unter zeitgemäßen museologischen und konservatorischen Bedingungen der Öffentlichkeit sowie der wissenschaftlichen Forschung zugänglich gemacht werden soll.




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